Zeit

  • Epoche vom Ende des 16. bis Mitte des 18. Jahrhunderts,
  • Frühbarock (etwa 1580-1620), 2. Hochbarock (etwa 1620-1680), 3. Spätbarock (etwa 1680-1750).

 Sozialer Hintergrund

  • Ausgehend von Italien, Verbreitung in Deutschland, Frankreich, Österreich, England, Spanien, Niederlande,
  • Gegenreformation: Die katholische Kirche strebt nach den Erfolgen der Reformation danach, protestantische Gebiete wieder für sich zu gewinnen, die religiöse Teilung Europas stabilisiert sich, ab dem Westfälischen Frieden um 1648 sind die Grenzen festgelegt,
  • 30-jähriger Krieg: Der Krieg wurde zwischen Katholiken und Protestanten ausgetragen, wobei es um die Vormachtstellung katholischer oder protestantischer Gebiete in Deutschland und Europa ging,
  • Absolutismus: Die Staatsgewalt ist in der Hand eines Königs. Kirche und Staat vertreten gemeinsame Interessen, Adel an den Hof gebunden,
  • König, Kirche (Papst, Gott) als absolute Machtinstanzen versuchen die Menschen in ein Ordnungssystem zu zwingen,
  • die Kunst im Dienst der Mächtigen zur Selbstdarstellung,
  • das Bürgertum gewinnt an Bedeutung,
  • im politisch und religiös selbstständigen Niederlande entsteht ein bürgerliches Barock,
  • Kirche, Hof und Kammer (Adel und Bürgertum) als zentrale Orte der Musikausübung: Der Künstler steht in den Diensten von Hof und Kirche und muss die jeweiligen Erwartungen erfüllen,
  • zu Beginn des 18. Jahrhunderts verliert die absolute Macht der Monarchie und der Kirche an Einfluss, durch Naturwissenschaften und Philosophie gewinnt das vernunftorientierte Denken an Bedeutung,
  • die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den einzelnen Ländern verlaufen unterschiedlich, entsprechend unterschiedliche Einflüsse auf die Kultur.

 Stilistische Besonderheiten der Musik

  • Neigung zu Pracht, Aufwand, Überschwang, Repräsentation,
  • Der Komponist schreibt Auftragsmusik, die die Hörerwartungen erfüllen muss,
  • um 1600 Neubeginn mit der Monodie der Florentiner Camerata. Die „musica moderna“ vereinfacht die komplexe Polyphonie der Renaissance. Eine solistische Oberstimme ist einem Begleitfundament übergeordnet (Homophonie). Dies führt zunächst zur Ausprägung der frühen Oper. Auch in späteren barocken Opern und Oratorien, in den Rezitativen und Arien, ist der Sologesang und Generalbass (Bassstimme plus Akkordinstrument) ein typisches Stilprinzip,
  • in anderen Gattungen und Formen der barocken Musik (Fuge, Chöre) ist die Polyphonie weiterhin ein wichtiges Stilmerkmal,
  • Darstellung von Affekten, von Leidenschaften und starken Gefühlen in der textgebundenen Musik, auch in der Instrumentalmusik, aber Einheit eines Affekts innerhalb eines musikalischen Formteils, keine Kontraste,
  • Generalbasspraxis: solistische Oberstimme und Bassfundament,
  • Concertoprinzip: Wechsel zwischen Solisten oder kleinen Gruppen und dem ganzen Klangkörper (Tutti) in den Orchesterwerken,
  • Ausprägung einer eindeutigen Dur-Moll-Tonalität,
  • klare Taktschwerpunkte, Taktstriche, motorische Rhythmik, Fortspinnungsmelodik,
  • das Thema als eine zentrale Größe,
  • Vielfalt früher barocker Musik (Monteverdi) weicht im späteren Barock einer Schematisierung (barocke Oper).

 Typische Gattungen und Vertonungsformen

  • Textgebunden: Oper, Oratorium, Kantate, Sololied,
  • instrumental: Concerto grosso, Präludium, Fuge, Suite, Triosonate,
  • Vertonungsformen: Arie, Rezitativ, Choral, Chor, Ouvertüre.

 Komponisten

Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass nur wenige Komponisten die Barockzeit prägen, werden hier auch einige weitere Komponisten aufgeführt. Als Einstieg in die Barockmusik mögen aber zunächst die hervorgehobenen ausreichen.

C. Monteverdi (1567 – 1643)
G. Frescobaldi (1583 – 1643)
H. Schütz (1585 – 1672)
J. H. Schein (1586 – 1630)
S. Scheidt (1587 – 1654)
G. Carissimi (1605 – 1674)
J. J. Froberger (1616 – 1667)
J.-B. Lully (1632 – 1687)
D. Buxtehude (1637 – 1707)
A. Corelli (1653 – 1713)
H. Purcell (1659 – 1695)
F. Couperin (1668 – 1733)
A. Vivaldi (1678 – 1741)
G. P. Telemann (1681 – 1767)
J.-Ph. Rameau (1683 – 1764)
D. Scarlatti (1685 – 1757)
J. S. Bach (1685 – 1750)
G. F. Händel (1685 – 1759)
G. B. Sammartini (1700 – 1775)
G. B. Pergolesi (1710 – 1736)
J.-J. Rousseau (1712 – 1778)
C. W. Gluck (1714 – 1787)
 
Philosophie, Bildende Kunst, Literatur
 
  • Hatten Humanismus und Renaissance die Kunst auf das Diesseits gelenkt und ein säkularistisches Weltbild entworfen, so veränderte sich der Blick im Zuge der Gegenreformation auf das Jenseits. Der Tod ist allgegenwärtig und das Leben ist von der Gewissheit seiner Endlichkeit geprägt,
  • W. Leibniz entwickelt die Monadenlehre. Aus einer Einheit, der Urmonade, ergeben sich die davon abgeleiteten Monaden,
  • im 17. Jahrhundert setzen sich die Philosophen Descartes, Pascal, Spinoza und Leibniz jeder auf seine Weise mit der Existenz Gottes auseinander,
  • im 18. Jahrhundert befördern die Gedanken der Philosophen Voltaire, Rousseau, Hume und Kant das aufgeklärte, vernunftorientierte Denken,
  • Überschwang kennzeichnet Architektur, Plastik, Malerei, Theater und Musik, alle Sinne werden angesprochen,
  • Michelangelo konzipiert Kuppel von St. Peter in Rom, Andreas Schlüter als Baumeister des Königlichen Schlosses in Berlin, Balthasar Neumann als Baumeister des Würzburger Schlosses, Ludwig der XIV lässt sich als Zeichen seiner Macht das Schloss von Versailles bauen,
  • in der Architektur und in der Malerei ist die Symmetrie ein Ordnungsfaktor, ebenso wird durch Verwendung der Zentralperspektive im Bild der Blick auf das Wesentliche gelenkt (etwa in der Darstellung des Schlosses Versailles im Gemälde von P. D. Martin auf das Hauptgebäude, das Zentrum der Macht des Monarchen),
  • in der Lyrik von Andreas Gryphius (1616– 64) ist von der Nichtigkeit und Eitelkeit des Lebens und der Hoffnung auf das Jenseits die Rede,
  • in der weltlichen und geistlichen Lyrik wird die Schönheit des Diesseits beschrieben als Abglanz des Jenseits, des Paradieses,
  • mit dem beginnenden 18. Jarhundert werden entsprechend der Denkströmungen und des gesellschaftlichen Wandels auch neue Inhalte in der Kunst erkennbar, so die Komödie, die Karikatur oder in der Musik die heitere opera seria. Es entstehen ein Kunstmarkt und erste Ansätze des Konzertwesens.

 Gemeinsame Wesensmerkmale

In Gesellschaft, Religion, Philosophie, Literatur, bildender Kunst und Musik gibt es zentrale Ordnungsinstanzen. Während gesellschaftlich Kaiser und Könige die zentralen Instanzen sind, religiös (und auch politisch) sich alles auf die Kirche (und damit auf Papst und einen Gott) ausrichtet, ist in der Philosophie von Leibnitz die Urmonade (die letzlich auch Gott repräsentiert) der Kern alles Seins, aus dem sich alles Andere ergibt. In der barocken Lyrik wendet sich der Blick, da das Leben nun einmal vergänglich ist, auf das Jenseits, in der Hoffnung dort in paradiesischen Zuständen weiterzuleben. In der Musik ist der zentrale Ausgangspunkt das Thema, von dem sich innerhalb eines Kompositionsteils alles ableitet (siehe z. B. Fuge, Invention, Suiten, Concerto Crosso, Arien etc.). In allen Kunstbereichen werden die Inhalte von Hof und Kirche bestimmt, so steht auch ein großer Teil der Kompositionen in den Diensten von Kirche und Hof. Die Künste — Architektur, Malerei, Musik — bilden ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk mit starker Wirkungskraft. Das aufstrebende Bürgertum mit eigenen künstlerischen Vorstellungen führt entsprechend zu anderen Inhalten. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts machen sich Gedanken der Aufklärung auch in den Künsten bemerkbar, in der Malerei durch Auflösung traditioneller Bildmuster, das Interesse am religiösen Bild nimmt ab und die Kunst wird subjektiver. Insbesondere entstehen auch einzelne Werke mit kritischem Inhalt gegenüber dem herrschenden System. So wird in Pergolesis Oper La serva padrona der adlige Herr als dümmlich dargestellt, während die Magd das Geschehen in ihrem Sinne lenkt.

Zusammenfassend kann man erkennen: Die jeweiligen Auftraggeber bestimmen die künstlerischen Inhalte. Ein Ordnungssystem in der Gesellschaft spiegelt sich auf unterschiedliche Weise auch in den Künsten wider. Die Gedanken der Aufklärung führen zu einem Aufbrechen dieser Zusammenhänge. In der Musik zeigt sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts gegenüber der Einheit des Affekts eine aufbrechende Emotionalität.  

 Rezeption 

Die Epochenbezeichnung steht zu Beginn des 19. Jahrhunderts für eine eher überschwängliche und unnatürliche Kunst und gerät in den Hintergrund. Nach einer Phase der Wiederbelebung wird am Ende des Jahrhunderts barocke Kunst positiv bewertet. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt sich ein verstärktes Interesse an barocker Musik und Dirigenten bemühen sich das von der Musik des 19. Jahrhunderts abweichende Klangbild barocker Musik in der historisch informierten Aufführungspraxis wiederherzustellen.